Sonntag, 1. Oktober 2023 – Meisterschaft

Depo vs. Dynamo Röntgen – 1:1

A tribute to Haile: Der Mann, der dort nichts zu suchen hat

Wer erinnert sich noch an die guten alten Zeiten? Es war noch vor Ukraine-Krieg, Corona und der Wiederauferstehung des Nebelspalters: Depo dominiert auf Platz 2 einen Gegner, welcher nicht Tormotor hiess, in der Art, dass man sich zu einer grossen Geste hinreissen lässt. In der Gewissheit eines weiteren Sieges wird als Dank für jahrelanges klagloses Hinhalten der eigenen, älter werdenden Knochen ein Penalty unserem Innenverteidiger Haile geschenkt (siehe Spielbericht «Der Vierfach-Tom gegen die Strandfussballer»). Spätestens nach Intervention des Präsidenten tritt dieser dann auch an, verwandelt und tritt so ins Reich der Statistik ein.

Vier Jahre später in einer trauriger scheinenden Welt zeigt sich, dass so ein Akt der Grosszügigkeit überhaupt nicht notwendig gewesen wäre, wenn unzählige Coaches (Benno, Miki, wie sie alle heissen) Spieler mal nicht nach Bias, sondern nach Kompetenzen aufstellen würden. Die (gefühlt und Penalty-unterstützt) Zehn-Tore-Saison des Schreibenden muss man da gar nicht erwähnen (auch wenn ich das hier tue). Aber, die Frage mag schon erlaubt sein, was für Depo möglich wäre, wenn anstelle der schnellen, technisch beschlagenen, durchsetzungsstarken, aber abschlussschwachen Toms, Icaros und wie sie alle heissen, schnörkel- und humorlose Akteure wie ein Jonas, ein Alesandro, ein Vögi oder halt ein Haile mal auf den gegnerischen Strafraum angesetzt würden? Denn, um auf dem Beginn dieses Absatzes zurückzukommen, am vergangenen Sonntag erzielte Haile nämlich wieder ein Tor, aus dem Spiel, geleitet von einem Stürmerinstinkt, den man nicht lernen kann, und sicherte uns dadurch beinahe den zweiten Saisonsieg.

Unorganisiertes, mathematisch fragwürdiges Depo

Zu verdanken war dieses Highlight einer gewissen Unorganisiertheit, die Depo auf Platz 11 (natürlich!) zeigte. Zwar waren wilden Spekulationen auf WhatsApp zum Trotz mehr als genug Depos anwesend. Einzig so fünf Minuten vor Spielbeginn wussten man nicht so ganz, wer denn dann auch wo und überhaupt spielen sollte. Vögi übte sich in präsidialer Zurückhaltung. Matteo übernahm Verantwortung, hatte aufgrund einiger Unbekannter aber Zuordnungsprobleme. Die eine Folge davon zeigte sich sofort: Depo wollte das Spiel mit zwölf Akteuren beginnen (Anmerkung: Wir machten diesen Faux-pas aber dadurch wieder ungeschehen, indem wir zu Beginn von Halbzeit Zwei nur zehn Mann auf den Rasen stellten).

Die zweite Konsequenz zeigte sich spätestens nach den ersten Wechseln. Verwundert rieb sich der Goalie die Augen, denn irgendetwas schien bei den – zugegeben zu Beginn eher seltenen – Depo-Angriffsversuchen nicht zu stimmen. Da turnten im wahrsten Sinne des Wortes so Spieler wie Haile, aber auch wie Ost-Philipp in vorderster Front rum. Anfangs bestachen Beide durch ihre Körperstatur, Präsenz und Gegnerdruck. Dennoch hatte man den Eindruck, dass sie da irgendwie nicht hingehören. Dass Depo insgesamt so gut wie keine Torgefahr ausstrahlte, lag aber weniger an ihnen noch am sich aufreibenden Simon, sondern am Gegner.

Der bislang beste Gegner gegen eine tolle Abwehr

Dieser, Dynamo Röntgen, gestaltete das ganze Spiel für uns etwas komplizierter. Man könnte sich soweit aus dem Fenster lehnen und sie als den bislang stärksten Gegner bezeichnen. Vor allem das Zusammenspiel und die Laufbereitschaft beeindruckten zu Beginn, wo sich Depo kaum einmal aus der eigenen Hälfte befreien konnte. Zum Glück konnten das «Licht am Fahrrad, Licht am Fahrrad, Dy-na-mo!» weder die eigenen, im Prinzip recht hübsch vorgetragenen Angriffsbemühungen krönen, noch Kapital aus den durchaus vorhandenen Fehlpässen der Depo-Abwehrreihe ziehen. Entweder scheiterten die Kontrahenten an der eigenen Schussungenauigkeit oder aber an der am heutigen Tag sehr konzentrierten und zweikampfstarken Abwehr.

Da war der Präsident, welcher sogar ein Sprintduell stilsicher für sich entscheiden konnte. Da war Nathan, der eindrucksvoll zeigte, dass es einmal eine Zeit gab, wo Belgien eher für Spieler wie Erik Gerets oder Marc Wilmots und weniger für Eden Hazard oder Romelu Lukaku stand. Und, da war der heimliche «man of the match», Alesandro, der an diesem Tag nur einen einzigen Zweikampf verlor, und den nach Auswechslung gegen Hailes Söhne neben dem Spielfeld.

Da Depo im Prinzip alles wegverteidigen konnte und zwei, drei Bälle, die dann doch durch oder Richtung Tor gingen, den Goalie (gleiche Person wie der Autor dieser Zeilen) eher vor wenig Probleme stellten, ging es mit einem torlosen Unentschieden in die Pause.

Haile (fast) zum Sieg

Halbzeit Zwei sah dann zwar etwas gradliniger vorgetragene Gegnerangriffe, die von einem Schlenzer beinah gekrönt wurden, welchen Neu-Goalie Jonas gekonnt an den Torpfosten guckte. Aber, es war Depo mit zwei (o.k., drei) spielentscheidenden Aktionen. Zuerst, Hailes Auftritt. Gastspieler Roman, Rocco, Robert, wie auch immer, Aktiver beim FC Wiedikon Senioren und sich dort die Abschlussstärke von Legende Yann C. anscheinend abgeschaut habend, setzt (historisches Präsens) zum Sturmlauf über links an und kommt sogar zum Abschluss. Der von Vögi auf der Bank als schwieriger Aufsetzer klassifizierte Schussversuch wird vom gegnerischen Goalie, wohl vom eigenen BVB-Roman-Bürki-Gedächtnis-Shirt inspiriert, nach vorne abprallen gelassen, wo dann tatsächlich im Stile eines echten Torjägers Haile auftaucht und den Ball mit links versenkt.

Damit nicht genug: Nur wenige Minuten später spielt Depo wieder hervorragend nach vorne, Simon zieht von links zentral in den Strafraum und hat aus zwölf Metern freie Schussbahn, setzt den Ball aber neben das Tor.

Das wäre der Fangschuss für Röntgen gewesen, so blieben sie im Spiel. Zwingend war das aber nicht mehr, was der Gegner da so veranstaltete, einen Schuss auf die kurze Ecke mal ausgenommen. Warum sie dann doch noch zum Ausgleich kamen, darüber decken wir den Mantel des Schweigens oder sagen wir es mal so: rausgespielt war der Treffer mitnichten, wenngleich das Zuspiel den Stürmer in recht gute Position brachte. Der finale Heber zum 1-1 war dann aber doch recht solide gemacht.

So einigte man sich auf am Ende auf ein Unentschieden, welches Spielverlauf und Chancen dann doch im Prinzip richtig wiedergibt. Damit beendet Depo die Hinrunde mit einem historischen Moment, ausbaufähigen vier Punkten und dem guten Gefühl, dieses Jahr mal einem anderen Team den Cupsieg zu gönnen.

Kai

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