Geschichte

Deportivo La Habana: Die ersten 25 Jahre

Korruption zahlt sich nicht aus: Bei der Fifa unvorstellbar, aber Deportivo La Habana liefert dafür den hochprozentigen Beweis. Bei Depo war es seit jeher Tradition, dem Gegner vor Anpfiff im Mittelkreis eine Flasche «Havana Club» zu überreichen. Trotz der schönen Geste landeten wir in der Fairplay-Tabelle regelmässig weit unten – und auch sportlich blieb die Bilanz in der Meisterschaft und im Cup überschaubar (inoffizielles Motto: «Rum statt Ruhm»). Mit der Zeit ging das Ritual mit der Flasche verloren, und seither spielt Deportivo im Fairplay-Ranking oft ganz vorne mit. Mehr noch: Ohne Bestechung beim Vorspiel feierte man auch sportlich die grössten Erfolge, mit dem Gewinn des Bullingerturniers und einem sensationellen 4. Rang in der Meistersaison 2020/21.

«Ein Fussballklub für Fussballfans» lautete 1998 das Gründungsmotto, und mit dem Revolutionskitsch im Namen handelte sich Deportivo La Habana auch gleich seine offizielle Losung ein: «¡Hasta la victoria siempre!» Nur auf dem Platz, da liess sich die Parole selten in letzter Konsequenz umsetzen. Immerhin: Mit Philipp «Blatovic» Blattmann stellte Depo 2001 den Torschützenkönig. Und mit den Depordivas haben wir seit 2003 ein Schwesterteam, das uns punkto Erfolg längst überflügelt hat.

War das Vereinslogo zunächst dem Label von «Havana Club» nachempfunden, zeigt es mittlerweile ein schlichtes Trinkglas, das sich auch für andere Arten von Flüssignahrung anbietet. Sprich: Trinkfest sind die Habaneros geblieben. Die ältere Generation wird noch ihren Enkeln von den legendären Ausflügen ans Pfingstturnier in Stams (Tirol) erzählen. Die Jüngeren (so jung auch nicht mehr) haben bei ihren Städtetrips in den letzten Jahren vor allem deutsche Stadien unsicher gemacht. Die Reiseberichte dazu würden ein Buch füllen, deshalb hier nur die wichtigsten Stichworte: Pascal findet sein Hotelzimmer nicht (Frankfurt 2016), Patrick repariert Reissverschluss (Dortmund 2018), private Vernissage in Duisburg (Gladbach 2019), Glücksspieleskalation mit Küstennebel (Hamburg 2022).

Der Kern von Deportivo sammelte sich anfangs aus Velokurierszene, Medienkuchen und Musikbranche. Seither ist das Milieu erfreulich unübersichtlich geworden: Bei uns finden Sozialarbeiter und Manager, Grafiker und Flight Attendants, Kolumnisten und Kommunisten zusammen. Auch als neue Heimat für Asylsuchende aus einem weniger friedfertigen Team der Liga hat sich Depo bewährt, und seit man sich zur Ökumene bekennt, sind neben den alteingesessenen FCZ-Jüngern sogar andere Religionen wie GC willkommen.

Autokratische Züge zeigt Depo nur auf dem Papier. Vom präsidialen Gründungstrio mit Jon Keller, Thomas Scheller und Roger Oklé blieb letzterer bald als alleiniger Máximo Líder übrig. Seit 2010 waltet Michael «Vögi» Vogel als ewiger «El Presidente», in jeder Hinsicht ein würdiger Erbe: Fels in der Brandung auf und neben dem Platz. Und auf dem Trainerposten ist erstmals seit der Ära von Thomas «Huebi» Huber wieder Stabilität eingezogen: Miklos «Miki» Stanek hat sogar das Kunststück vollbracht, Depo auf ein 3-5-2 einzuschwören.

Gerüchteweise soll tatsächlich einmal ein richtiges Trainingslager in einem Kaff mit dem exotischen Namen Böju stattgefunden haben. Abgesehen davon trainiert man bei Depo saisonal: im Winter in Hottingen, im Sommer eher gar nicht. Tabus gibt es keine im Verein, es sei denn, jemand wagt es wieder mal, an der bierseligen GV das Traktandum «Ehrenliga» aufs Tapet zu bringen. «Depo o muerte», wie wir zu sagen pflegen.