Sonntag, 27. August 2023 – Meisterschaft

Depo vs. Real Cabrón – 2:0

Vom süssen Spiele gesättigt

Depo verdient sich den ersten Saisonsieg

Nach Flokes Pulitzer-Preis-würdigen Zeilen zum letzten Spiel in die Tasten greifen zu müssen – allein beim Gedanken daran erröte ich, das klägliche Scheitern vor Augen. Stamme ich doch sportjournalistisch aus einer Zeit des schieren Floskeln- und Phrasendreschens. Glaubt mir, ihr möchtet meine Matchberichte aus dem alten Wankdorf aus der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre nicht lesen!

Einzig machte ich mir damals einen Sport daraus, in möglichst jeden Artikel ein Hölderlin-Zitat zu schmuggeln, zum Beispiel: «Die Mauern stehn sprachlos und kalt, im Winde klirren die Fahnen», wenn es im vom Betonkrebs zerfressenen Stadiongemäuer mal wieder kalt und trostlos gewesen war und YB einen Grottenkick abgeliefert hatte, wie meist in jenen Jahren. Freilich wäre die Hölderlin-Zitiererei nie auch nur einem einzigen geneigten Leser der «Berner Zeitung» aufgefallen; sie blieb vergeb’ne Liebesmüh.

Nun, denn, zu den Phrasen: Das Double ist nach wie vor möglich! Ein hoch konzentriertes, solidarisches Depo zeigte die richtige Reaktion auf die vor Wochenfrist so knapp und unglücklich mit null zu eins verlorene Partie: Verdienter 2:0-Sieg gegen Real Cabrón. Dank Kampf, Teamgeist und Moral.

«Weh mir, wo nehm’ ich, wenn es Winter ist, die Blumen, und wo den Sonnenschein – und Schatten der Erde?», hätte Hölderlin zur über Nacht herbstlich gewordenen Szenerie vermutlich angemerkt. Die Wetterprognose erwies sich als äusserst zuverlässig, der Regen setzte pünktlich zu Spielbeginn ein, wurde immer stärker und liess erst nach, als wir uns klitschnass, aber glücklich in den Armen lagen. Dazwischen: voller Einsatz, der auch einige Blessuren zeitigte – gute Besserung Vögi und Serge!

Ruhig, ja unaufgeregt und dennoch voll bei der Sache – so startete Depo ins Spiel. Und setzte den Gegner mit ballsicherem Kurz-Pass-Spiel während der ganzen ersten Hälfte unter Druck. Wir standen hoch und agierten, da Matteo auf der rechten Aussenbahn meist weit vorrückte, hinten mit einer faktischen Dreierkette. Das Aufbauspiel der Gegner wurde stets früh gestört, Serge, Marc und Fabian eroberten zahlreiche Bälle. Auffallend, wie diszipliniert und mit welchem Team-Spirit Depo heute zu Werke ging. «Jeder für jeden» ist für einmal mehr als eine Phrase. Daraus resultierte bis zur Pause allerdings nur der eine Treffer, erzielt von Kasper mittels Kopfball beim nahen Pfosten im Anschluss an den einzigen Corner.

Wenngleich wir uns vor dem Seitenwechsel einig waren, dass dieses Cabrón heute zu packen war, liessen wir sie auf dem zunehmend glitschigen und dadurch unberechenbaren Terrain noch mal unnötig gefährlich werden, und Kai musste mittels sensationellem Reflex die Null halten. «Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch», wüsste Hölderlin hierzu anzumerken.

Wir besannen uns eines Besseren, lösten uns aus der kurzzeitigen Bedrängnis, wurden zwanzig Minuten vor Schluss wieder offensiver und selbstsicherer. Nach gescheiterten Abschlussversuchen von Vögi, Florin und Kasper folgte schliesslich die Erlösung durch Fabian, der danach nur lakonisch anmerkte: «Il’y a longtemps que j’ai pas marqué.» Heute aber tat er es, wuchtig und unhaltbar unter die Latte, zum längst fälligen zwei zu null, danach ermattete auch jeglicher Real-Cabrón’scher Widerstand. Und der erste Saisonsieg war so was von verdient im … Nein, «im Trockenen» wäre nun wirklich die falsche Floskel. Sagen wirs angesichts des schwindenden Sommers lieber mit Friedrich Hölderlin selig, denn die ganz grosse Geste ist angebracht:

«Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen!
Und einen Herbst zu reifem Gesange mir,
Dass williger mein Herz, vom süssen
Spiele gesättiget, dann mir sterbe.»

Und wisst ihr, was? Der merkliche Esprit und Zusammenhalt in unserem Team hat an diesem grauen Sonntag richtig, richtig Freude bereitet. Bestes Beispiel dafür ist Schumsinho, der sich trotz noch nicht ausgeheiltem Muskelfaserriss als Goalie zur Verfügung gestellt hätte, dann aber nicht gebraucht wurde und uns über die volle Spieldauer aufmunternd an der Seitenlinie unterstützte.

Aufstellung: Kai – Floke, Jonathan, Haile, Jonas, Miklos, Vögi, Bänz – Fabian, Serge, Hannes, Marc, Matteo – Kasper, Flo

Bänz

2 Gedanken zu „Vom süssen Spiele gesättigt“

  1. Das ist wundervoll: Sämtlichen Regeln des Journalismus und der PR zum Trotz einfach mal die ersten zwei Absätze thematisch abseitig und selbstreferentiell unterwegs. Ich liebe es!

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